Geldwerte Vorteile

Gutscheine für Arbeitnehmer und die 44-€–Freigrenze

  1. Grundsätzliches, Definition und Entwicklung

Wie bereits in den bisher erschienenen Artikeln zum Thema „Geldwerte Vorteile“ steht für den Arbeitnehmer der Nettolohn im Vordergrund. Arbeitgeber wiederum sind daran interessiert, den Personalkostenaufwand gering zu halten.

Der Gesetzgeber hat eine Steuerfreiheit im § 8 Abs. 2 Satz 11 des EStG geschaffen. Hiernach bleiben Sachbezüge, die lohnsteuerrechtlich einzeln zu bewerten sind, außer Ansatz, wenn die Gesamtentgelte dieser Vorteile insgesamt 44€ im Kalendermonat pro Arbeitnehmer nicht übersteigen. Zuzahlungen des Arbeitnehmers können berücksichtigt werden und mindern somit den Sachbezug.

Nicht anwendbar ist die 44-€–Freigrenze auf die nachfolgenden, gesondert geregelten Sachverhalte:

  • Sachzuwendung aus der Überlassung von Dienstwagen
  • Anwendung von amtlichen Sachbezugswerten (z.B. Verköstigung von Mitarbeitern)
  • Sachzuwendungen bei denen der Rabattfreibetrag zur Anwendung kommt

Erfreulicherweise wurde im Sozialversicherungsrecht geregelt, dass diese 44-€-Freigrenze des Einkommensteuerrechts auch bei der Sozialversicherung zur Anwendung kommt, somit besteht grundsätzlich Lohnsteuer- und Sozialversicherungsfreiheit bei dieser Regelung.

Freigrenze bedeutet, dass die Steuer- und Sozialversicherungsfreiheit nur dann zur Anwendung kommt, wenn die Zuwendung des Arbeitgebers 44€ monatlich nicht überschreitet. Würde die Zuwendung also 45€ im Monat betragen, wäre die gesamte Zuwendung lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtig.


  • Achtung Entgeltumwandlung

Bis zum Jahre 2019 war es möglich, den Mitarbeitern als Lohnbestandteil z.B. Gutscheine zuzuwenden, deren Wert max. 44€ betrug. Diese Lohnbestandteile waren dann für den Mitarbeiter steuer- und sozialversicherungsfrei und der Arbeitgeber musste keine zusätzlichen Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung zahlen.

Der Verfasser hatte bereits in den Vorartikeln darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber diese Gehaltsgestaltungen für unseriös hält und hat die Gehaltsumwandlungen noch weiter eingeschränkt. Das bedeutet, dass wenn der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern Gutscheine als Lohnbestandteile zuwendet, sind diese ab 2020 steuer- und sozialversicherungspflichtig!

Im Gegenzug bedeutet dies, dass die Sachbezüge bis 44€ wie Gutscheine und Ähnliches nur dann bei der Lohnsteuer – und Sozialversicherungsberechnung außer Betracht bleiben, wenn sie zusätzlich zum ohne hin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden. Es muss sich also um eine zusätzliche, freiwillige Leistung des Arbeitgebers handeln!

Alte Regelungen von vor 2020, auf die der Arbeitnehmer arbeitsrechtlich einen Anspruch hat, werden leider auch automatisch abgabepflichtig!


  • Monatliche Betrachtung

Bei der Freigrenze handelt es sich um einen Monatswert. Eine Umrechnung auf einen Jahresbetrag oder eine Gestaltung über mehrere Monate wird nicht anerkannt. Aufgrund der gesetzlichen Monatsbindung ist es also auch unerheblich, wenn die begünstigten Sachbezüge im Jahresdurchschnitt die monatliche Freigrenze von 44€ unterschreiten würden. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Monat für Monat die Anwendbarkeit der 44-€-Freigrenze für jeden einzelnen Mitarbeiter zu prüfen und entsprechende Aufzeichnungen zu führen.


  • (Waren-) Gutscheine des Arbeitgebers

Es gibt Arbeitgeber, die ihren Mitarbeitern ordnungsgemäße Gutscheine zuwenden, die aber auch nur beim Arbeitgeber selbst eingelöst werden können, z.B. Arbeitgeber mit eigener Tankstelle, der Benzin auch an Dritte veräußert. Oder Arbeitgeber mit eigenem Hofladen, Arbeitgeber der Handel betreibt und Ähnliches.

In solchen Fällen kommt die Anwendung der 44-€-Freigrenze für Sachbezüge nicht zur Anwendung. Warengutscheine, die nur beim eigenen Arbeitgeber eingelöst werden können, stellen deshalb steuerpflichtigen Arbeitslohn dar.

Erfreulicherweise ist jedoch ergänzend festzustellen, dass in diesem Fall der Rabattfreibetrag für den Mitarbeiter zur Anwendung kommt. Somit kommt es auch bei dieser Gestaltung in vielen Fällen nicht zur Steuer- und Sozialversicherungspflicht.


  • Zuflusszeitpunkt

Der Zuflusszeitpunkt eines Gutscheines vom Arbeitgeber an seinen Mitarbeiter ist immer der Zeitpunkt der Ausgabe. Deshalb ist dem Arbeitgeber aus Nachweisgründen dringend zu empfehlen, den Gutscheinausgabezeitpunkt schriftlich festzuhalten und sich vom Arbeitnehmer quittieren zu lassen.

Diese Problematik sei an einem kurzen Beispiel erläutert:

Der Arbeitnehmer händigt am 28.02.2021 und am 03.03.2021 jeweils einen Benzingutschein in Höhe von 44€ an seinen Mitarbeiter aus. Der Arbeitnehmer löst beide Gutscheine, also im Gesamtwert von 88€ im März 2021 ein.

  • Der jeweilige Gutschein fließt dem Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Ausgabe zu. Somit kommt die 44-€-Freigrenze sowohl im Februar 2021 als auch im März 2021 zur Anwendung. Auf den Einlösungszeitpunkt durch den Mitarbeiter kommt es insoweit nicht an.

  • Zusammenfassendes Beispiel
  • Der Arbeitgeber stellt seinem Mitarbeiter ein betriebliches Smartphone zur Verfügung, die Privatnutzung ist ausdrücklich gestattet.
  • Daneben erhält der Arbeitnehmer im Monat März 2021 ein Geschenk zu seinem 40. Geburtstag von seinem Chef, dessen Wert 60€ (brutto) beträgt.
  • Des Weiteren erhält der Mitarbeiter jeweils monatlich einen als Sachzuwendungen einzuordnen Benzingutschein im Wert von 44€.

Für die Beantwortung der Frage, ob und in wie weit hier die 44-€-Grenze anwendbar ist, muss jede der drei Sachzuwendungen in diesem Abrechnungsmonat März 2021 betrachtet werden.

  • Das Geburtstagsgeschenk ist eine sog. „Aufmerksamkeit“. Diese ist gesondert im Gesetzt geregelt und wird nicht bei der Betrachtung der 44-€-Freigrenze einbezogen.
  • Gleiches gilt für die privat Nutzung des vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Smartphones. Auch dieser Vorteil bleibt lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei und wird nicht auf die 44-€-Freigrenze angerechnet.
  • Der Benzingutschein ist somit die einzige Sachzuwendung im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG. Hier kommt die Anwendung der 44-€-Freigrenze zum Tragen.
  • Somit kann zusammenfassend festgestellt werden, dass alle geldwerten Vorteile in diesem Monat März 2021 bei der Berechnung der Lohnsteuer- und Sozialversicherungsbeiträge nicht zum Ansatz kommen.

Oerlinghausen, 19.04.2021